(c) S. Sahmer
(c) S. SahmerDas Wort "pilgern" geht zurück auf das lateinische "pergere / per agere", was übersetzt etwa am besten mit "jenseits des Ackers" oder "in der Fremde" wiedergegeben werden kann. Seine Anfänge kann man bis ins sechste Jahrhundert zurückverfolgen, wo es vor allem Mönche waren, die sich derart auf Wanderschaft machten. Es gab zunächst keine bestimmten Routen oder feste Ziele, man wollte es vielmehr dem missionierenden Jesus gleich tun. Im Mittelalter verändert sich das: Man hatte konkrete Ziele vor Augen, Rom etwa oder Jerusalem. Wollte sich von seinen Sünden reinigen und auf das Jenseits vorbereiten.
Einiges davon ist bis heute geblieben, manches hat sich verändert. Der Glaube und die Buße rücken beispielsweise oftmals in den Hintergrund. Was jetzt nicht heißen soll, dass es den "klassischen" Pilger und seine Wege nicht mehr gibt - dem ist nämlich ganz und gar nicht so! Allein der Berg an Reiseführern dazu spricht Bände (erwähnt sei beispielhaft der Conrad-Stein-Verlag). Aber viele suchen eben auch "nur" mehr Spiritualität in ihrem Leben - ohne sich dabei auf eine Kirche oder Religion festzulegen. Es geht ihnen eher ums Entschleunigen, man will Abstand gewinnen, den Alltag bewusst ausblenden. Anders gesagt: Glaube kann, muss aber keine Rolle spielen, wenn man heutzutage pilgert. Das wissen wir alle spätestens, seit Hape Kerkeling den Pilgerweg schlechthin, den Camino de Santiago, beschritten hat. Zumal Pilgern auch keine Frage des Ziels oder der Wegstrecke ist. Manchem reicht auch schon ein kurzer Weg, um wieder zu sich zu finden. Denn das wollen die meisten, die pilgern: Wieder mit sich ins Reine kommen.
Kurzum, wenn man nicht mit dieser eher katholischen Tradition aufgewachsen ist wie ich, bekennende Erz-Protestantin, hat man da doch mehr seine "eigenen" Überlegungen, warum man nun diesen oder jenen Weg beschreitet. Und ist darum vielleicht auch offener für Varianten wie das Kurzzeitpilgern. Dafür gibt's übrigens keine feste Definition: Für den einen reichen da ein paar Stunden, der andere ist trotzdem drei Tage unterwegs. Gewiss ist nur: Man wandert eben nur ein "kurzes" Stück eines Pilgerpfades und ist nicht wochenlang auf diesem unterwegs.
(c) S. Sahmer
(c) S. SahmerIch hatte mir für mein Kurzzeitpilgern ein sehr bekanntes Ziel ausgesucht. Wo ich schon mal im Starnberger Fünf-Seenland war, konnte ich den Heiligen Berg Andechs doch schlecht links liegen lassen. Jahr für Jahr kommen über rund 30.000 organisierte Pilger aus über 130 Wallfahrtsgemeinden zum ältesten Wallfahrtsort Bayerns, in diesem Jahr war/bin ich einer davon. Zumal Andechs auch noch am "Münchner Jakobsweg" liegt, der von der bayerischen Landeshauptstadt an den Bodensee führt. Soweit passte also alles, blieb die Frage, wo loslaufen - den schnöde hinfahren, das kann ja jeder. Da sprang mir ein Streckenvorschlag der örtlichen Touristiker hilfreich zur Seite, der mir eine schönen Rundwanderung, sprich Pilgertour ab/an Herrsching am Ammersee bescherte.
Los ging's an einem März-Sonntag in aller Früh. Ein Morgen, der sich nicht ganz entscheiden konnte, ob ihm ein schöner Frühlingstag folgen würde - oder doch nicht. Soviel kann ich sagen: Das Losmarschieren um neun hat sich gelohnt. Als ich gute dreieinhalb Stunden später wieder am Auto war, zog's kräftig zu. Und: Ich war auf dem Hinweg fast allein unterwegs, genoss wunderbare Waldstille. Da kommt man wirklich bei sich an, kann mit Bedacht sein Tempo finden, achtsam Schritt vor Schritt setzen. Dem Trubel auf dem Heiligen Berg kann man zudem so etwas ausweichen, auch gibt es dort erstaunlicherweise einige Flecken, wo kaum einer verweilt. Kurzum: Mein Versuch Kurzzeitpilgern verlief erfolgreich. Etwas länger hätte der Weg für mich letztlich sein können, aber das ist ja alles eine Frage von Strecke und Ziel. Beim nächsten Mal. Es gibt ja hierzulande noch so viele Pilgerrouten mehr - nicht nur in Bayern, auch vor meiner Haustür.