"Gehe hin zur Krippe. Dann wirst du finden Wunder über Wunder", wusste schon Martin Luther. Vielleicht sind sie deshalb vielerorts "Alle Jahre wieder …" ein schöner Brauch: Krippenwege, ob im Süddeutschland (wo sie besonders verbreitet sind) oder anderswo. Ihre Krippen sind traditionell oder modern. Sie können schaufenstergroß oder streichholzschachtelklein sein. Werden aus Holz geschnitzt, Papier gemacht oder Ton geformt. Sind mal schlicht, dann prächtig gehalten. Sie haben hier Lokalkolorit, zeichnen dort möglichst originalgetreu die judäische Landschaft nach oder sprengen dann wieder den Rahmen des biblischen Geschehens. Denn Sternsinger, die gab es da noch nicht.
Für gewöhnlich werden Krippen zum 1. Advent, spätestens jedoch am 1. Dezember aufgestellt. Sie sollen den Betrachter bereit machen für den Weg nach Bethlehem. Deswegen verwandeln sich so manche bis zur Christnacht und zum Dreikönigstag stetig, dem Verlauf der Weihnachtsgeschichte folgend. Und man legt das Jesuskind vielerorts auch erst am 24. Dezember in die Grippe. Die Hirten stehen anfangs auf dem Felde und erst, wenn ihnen der Engel erschienen ist, an der eigentlichen Krippe. Und die Weißen aus dem Morgenland? Auch sie bewegen sich bei "lebendigen" Krippen erst langsam auf das Geschehen in Bethlehem zu.
Eines eint alle, vor allem alte (Heimat-)Krippen: Neben dem emotionalen und kunstvollen Wert stehen sie zugleich für die Kulturgeschichte ihrer Region. Immerhin sind Figurenkrippen seit dem Barock bekannt – und längst nicht mehr nur in katholischen Familien und Kirchen alter Brauch.
Krippenwege sind ein schönes Ausflugsziel nicht nur im Advent, sondern noch bis inklusive Heilige Drei Könige (6. Januar). Zu finden sind die Krippen an öffentlich zugänglichen Standorten wie Schaufenstern von Geschäften, in kulturellen und kirchlichen Institutionen, auf Weihnachtsmärkten und in Kirchen. So wird etwa seit einigen Jahren auf dem Kölner Krippenweg an über 100 Stationen in der ganzen Stadt internationale Krippenkunst auf höchstem Niveau gezeigt.
Ich selbst freue mich, wenn ich unverhofft in Fenstern auf Krippen stoße, ohne, dass es einen ausgewiesenen Krippenweg gibt. Und habe die Faszination unter anderem bei einem Besuch im Museum Aschenbrenner in Garmisch erlebt: Dort kann man seit 2005 Beispiele der Krippentradition im Werdenfelser Land aus vier Jahrhunderten bestaunen, darunter auch eine Schneekrippe aus Oberammergau. Aus der stammen allerdings die Sternsinger-Kinder nicht. Die hatte ich seinerzeit beim "Krippen schau‘n" in Partenkirchen in einem Schaufenster entdeckt.