Vor 20 Jahren eröffnet, hat das Marta im ostwestfälischen Herford nichts von seiner Anziehungskraft verloren. Als Museum für Gegenwartskunst stellt es Verbindungen zu Design und Architektur her. Und ist, Zitat, "mit seinen fließenden und kippenden Wänden (…) eines der ungewöhnlichsten Museumsbauwerke weltweit. "
So kann man es auf der Museums-Website nachlesen. Und weiter heißt es: "Für die Fassade wählte der amerikanische Star-Architekt Frank Gehry dunkelrote Backsteine, die im Kontrast stehen zum hellen Edelstahldach und dem weiß verputzten Gebäudekern." Und deshalb wollte ich dorthin. Unter anderem. Die Ausstellung über die Blaue-Reiter-Künstlerin Gabriele Münter, die mich dabei ebenso lockte wie die Retrospektive über den Alltags-Designer Luigi Colani, sind inzwischen ausgelaufen. Aber da das Haus selbst mindestens so reizvoll ist wie seine wechselnden Schauen, sollte man sich nicht grämen: Hinfahren lohnt immer (wieder)!
Gerade, wenn man etwas andere Bauten mag – wie ebenjene des Pritzkers-Preisträgers Frank O. Gehry, von dem in Deutschland unter anderem das nicht weniger erstaunliche Vitra Design-Museum in Weil am Rhein stammt. Mit ihm gelang dem Kanadier 1989 der internationale Durchbruch.
Alle seine Gebäude sind seither echte Hingucker, ob sie nun eine Bank (etwa in Berlin) oder ein Museum (allen voran in Bilbao, aber auch Seattle), ein Konzerthaus (Los Angeles) oder doch "nur" Büros beherbergen (z.B. in Prag). Spektakulär sind sie insbesondere, was die Nicht-Form und den Material-Mix betrifft. Überraschend, was das scheinbare Auflösen von Wänden und Dächern, vor allem aber das architektonische Einfangen von Bewegung betrifft. Nicht nur deswegen wird er als "der" Vertreter des Dekonstruktivismus angesehen – eine Zuordnung, die ihm selbst allerdings gar nicht behagt.
Gehry erklärt seinen Architekturstil mit seinen Zweifeln an einer gradlinigen Welt. Und so ist es auch in Herford. Die einzelnen Gebäudeteile scheinen förmlich zu schwingen oder zu kippen. Alles wirkt wie in Bewegung.
Draußen sind es dabei rotgolden in der Sonne strahlende Klinkersteine (wie bei meinem Besuch im Winter 2024/25) und grau-gleißende Stahlplatten, die den Effekt verstärken. Drinnen treffen hier Holz, da Kupfer in Wellen und Bögen aufeinander. Und verbinden auf wundersame Weise die verschiedenen Gebäudeteile – und die dortigen Ausstellungen.
Wen die Schauen so gar nicht interessieren, kann auch einfach am Museumsshop vorbei direkt ins Marta Café gehen, um bei Kaffee und Kuchen (oder anderem mehr) das Haus auf sich wirken lassen. Hier hat Gehry nämlich nicht nur die Dachkonstruktion offengelegt, sondern auch geradezu wogende Emporen geschaffen. Wem der Gesprächsstoff ausgeht, kann also einfach stumm die Architektur bestaunen. Und hat dann wieder neue Gesprächsthemen. Wie das bei Ungewöhnlichem eben so ist.