Möglichkeiten den Rheingau zu erkunden gibt’s viele. Bewegung heißt das Stichwort: Pedale tretend auf dem Leinpfad oder in den Wingerten. Vor allem aber wandernd. Doch wer hier nur an den RheinSteig denkt, hat so manche spannende Weinbergrunde schon verpasst. Sie erzählen mal vom Wein, dann von Menschen oder manchmal auch von allem zugleich. Und eignen sich mit ihrem Weitblick perfekt für ein „erlaufenes“ Wochenende oder einen Tagesausflug. Zu jeder Jahreszeit.
Frühling: Die Saison beginnt
Zugegeben, in der kalten Jahreszeit zieht es deutlich weniger Rhein-Reisende an den Strom. Doch sobald die Sonne rauskommt, erobern die Tagesausflügler rasch sein Ufer und die Leinpfade zurück … und mit steigenden Temperaturen nicht nur die. Für die meisten beginnt die eigentliche Rheingau-Saison, wenn die „weiße Flotte“ im Frühling wieder auf Tour geht. Gemeint sind die Fahrgastschiffe der Köln-Düsseldorfer, die meist von Anfang April bis in den Oktober hinein zwischen Mainz und Koblenz verkehren – mit Rheingau-Stopps in Eltville und Rüdesheim.
Es ist immer wieder erstaunlich, was dieser Perspektivenwechsel ermöglicht: Wer etwa die Uferstraße B42 durch den Rheingau fährt, ist sicherlich begeistert von der Landpartie – und wird doch erstaunt sein, wenn er die gleiche Strecke auf dem Wasser noch einmal fährt. Er wird feststellen, was ihm alles entgangen ist oder vom Fluss aus betrachtet ganz anders wirkt.
Sommer: Die Radler flitzen
Und während auf dem Wasser die Last-, Flusskreuzfahrt- und Ausflugsschiffe gemächlich flussauf- oder abwärts unterwegs sind, erobern zum Sommer hin an Land immer mehr Wanderer und Radler den Rheingau.
Bei dem rasanten Tempo, dass jedoch so mancher Rennradler-Tross vorlegt, mag man sich fragen, ob sie überhaupt einen Blick für die Schönheiten am Flussufer haben und sich die Einkehr in den Gutsauschank mit dem Training vereinbaren lässt. Gemütlicher geht es da bei den Radwanderern zu, für die nicht (nur) Kilometer sondern die Strecke und Stopps zählen – getreu dem hiesigen Motto „Wo’s Sträussche hängt, wird ausgeschenkt“. Aber trotzdem: Sie alle verpassen das Beste, die Weinberge, ihre Weitblicke und ihre Geschichten.
Herbst: Die Hochzeit für Wanderer
Wenn nämlich die Trauben reif werden, dann schlägt die wahre Stunde der Wanderer. Zwar kann der RheinSteig rund ums Jahr erwandert werden, aber machen wir uns nichts vor: Weinregionen haben erst im Herbst so richtig Saison, wenn erst die Lesezeit eingeläutet wird und anschließend die Straußwirtschaften wieder geöffnet haben. Kommt dann noch die bunte Laubfärbung hinzu und der Rhein dampft nach den ersten kalten Nächten morgens mystisch vor sich hin und ist erst gegen Mittag wieder nebelfrei ist, gibt es spektakuläre Weitblicke in den Weinbergen. Und nicht nur denen folgen inzwischen immer mehr Weinbergrunden und -touren.
Allen voran ist hier der „Rheingauer Klostersteig“ – quasi der „Jakobsweg des Rheingaus“ – zu nennen, startend in Kloster Eberbach. Auf ihm ist man einen langen Tag unterwegs, während der „Hildegard(rund)weg“ in den Rüdesheimer Weinbergen mit seinen rund sieben Kilometern deutlich schneller erlaufen ist. Neben Hildegard von Bingen hat noch eine Berühmtheit einen eigenen Wanderweg durch die Rheingauer Weinberge erhalten: Johannes Gutenberg. Sein „Gutenbergweg“ verbindet die Stadtteile Martinsthal, Rauenthal, Hattenheim und Erbach sowie die Nachbargemeinde Kiedrich mit der Eltviller Altstadt.
Verteilt über den ganzen Rheingau finden sich zudem die „Rieslingschleifen“, die nicht nur der hier meistangebauten Rebsorte huldigen. Die 14 Spazier-Routen greifen je ein anderes Thema zum Riesling, dem hiesigen Weinbau und der Kulturlandschaft auf – mit Geschichten von „Kräuter und Blumen“ über „Terroir? Terroir!“ bis zu „Wein und Victoria“. Und wer gleich den zum Weinberg passenden „trinkbaren“ Proviant dabeihaben will, kann in Eltville wie Rüdesheim auf Walklikealocal-Weintour gehen.
Winter: Mußestunden für Liebhaber
Mit dem Winter kehrt Ruhe im Rheingau ein, vorausgesetzt, es herrscht nicht Hochwasser. Ist es dann trocken-kalt und liegt sogar einmal etwas Schnee, zeigt der Fluss noch einmal eine neue Seite. Seine Geräusche und Bewegungen, im Sommer laut und lebendig, scheinen dann wie in Watte gepackt und kurzzeitig wie „eingefroren“. Das hat was. Und auch dann sind die Wingerte ein spannend-schönes Ziel. Denn man begegnet dann fast so vielen Menschen in den Weinbergen wie zur Lesezeit, weil – im Januar – mit dem Rebschnitt die ersten Vorarbeiten für den neuen Jahrgang erfolgen.
Nicht nur darüber kann man vieles lernen, wenn man sich auf spannende Weinbergrunden einlässt. Sie sind immer wieder reizvoll. Wegen des Weins und des Weitblicks. Zu jeder Jahreszeit.

Schreibe einen Kommentar