„Quadratisch. Praktisch. Gut.“ gehört seit den 1970er-Jahren zu den bekanntesten Werbeslogans hierzulande. Die Zahl derer, die wissen, was es mit der kultigen Quadratform der so beworbenen Schokoladenmarke „Ritter Sport“ auf sich hat, dürfte jedoch deutlich kleiner sein. Und noch weniger wissen vermutlich, dass im Hause Ritter auch Kunst gesammelt wird. Quadratische. Was sonst.
Sammelleidenschaft im Quadrat
Vor genau 20 Jahren, im September 2005, wurde das „Museum Ritter“ am Firmensitz im beschaulichen Waldenbuch, der „Stadt mit Schokoladenseiten“, unweit von Stuttgart bzw. Tübingen eröffnet. Seither präsentiert es in mehrfach pro Jahr wechselnden Ausstellungen nicht nur die Kunstsammlung der Enkelin des Firmengründers Alfred Ritter, Marli Hoppe-Ritter. Ihre namensgleiche Stiftung trägt nämlich nicht nur das „Museum Ritter“ und sammelt bzw. fördert, wie sollte es anders sein, Kunst im Quadrat des 20. und 21. Jahrhundert. Sie bietet durchaus auch nicht-geometrischen Kunstformen in Sonderschauen Raum, wie ich selbst in diesem Frühjahr erleben konnte.
Das Museum selbst wird obendrein in einem Quadrat präsentiert. Denn: Der Museumsbau des Berliner Architekturbüros Max Dudler ist von der Grundfläche her ein zwar zweigeteiltes, aber unverkennbares gewaltiges Quadrat von über 40 Meter Seitenlänge. Wie ein Monolith aus hellem Kalkstein liegt er auf der grünen Wiese, direkt neben der Schokoladenfabrik. Beide Gebäudeteile grenzen dabei eine ebenso lichte wie kunstvolle Passage sein – in der es einerseits zur zweigeschossigen Ausstellungsfläche des Museums geht. Auch ein quadratisch gut sortierter Museumsshop und ein gut besuchtes Café sind in diesem Flügel untergebracht.
Wer in die andere Gebäudehälfte abbiegt (was die meisten Besucher tun), bekommt zwar ebenfalls quadratischen Genuss, der ist aber schokoladiger Natur. Wer nicht sofort in dem ebenerdigen Fabrikverkauf von Ritter-Sport verschwindet (eine gern genommene Abkürzung, wie ich beobachten konnte), kann im ersten Stock der „Bunten Schokowelt“ die kombinierte Ausstellung rund um Schokolade im Allgemeinen und die quadratische Geschichte der Ritter-Sport-Tafeln im Besonderen besuchen. Eine kurzweilige Schau, die übrigens weit mehr ist als nur „Quadratisch. Praktisch. Gut.“!
Quadratkunst seit 20 Jahren
Während ich selbst dort nur im Nachgang reinschaute, um mir noch mal in Erinnerung zu rufen, was es mit der Quadratform der Schokoladenmarke „Ritter Sport“ auf sich hat, tauchte ich im „richtigen“ Museumsteil so richtig ab. In Kunst im Quadrat.
Denn die Sammlung Marli Hoppe-Ritter ist wahrlich eine „Homage to the Square“, wie auch der Name einer berühmten Werkserie von Josef Albers lautet (die aber nicht der Ausgangspunkt der Sammlung ist, das war kleine „quadratische“ Zeichnung von Kasimir Malewitsch). Ich zitiere: „Die Vielfalt malerischer und plastischer Konzepte zum Quadrat, seine anhaltende Lebendigkeit als Form und die spannenden Verbindungslinien, die sich quer durch die Kunst des 20. und 21. Jahrhunderts ziehen lassen, offenbaren ein überzeugendes Sammlungskonzept.“
Stimmt. Denn Langeweile kommt im „Museum Ritter“ trotz der immer wiederkehrenden Form wirklich nicht auf. Zumal dem Quadrat hier keine Grenzen gesetzt sind – nicht in Farben, Materialien, Dimensionen, Strukturen oder Macharten. Es ist hier abstrakt, dort konkret. Wird einmal ernst genommen, dann spielerisch genutzt. Und es hebt die Grenzen des Museums im wahrsten Wortsinn so spannungsreich wie lebendig auf: Das Quadrat ist bereits draußen vor der Museumstür kunstvoll präsent. Es hängt hier im Baum oder dreht sich dort mal verzerrt, dann real im Wind. Es versteckt sich scheinbar funktional in den Glaswänden der Passage oder leuchtet je nach Sonnenspiel kunterbunt von deren Decke auf die Wände. Diese Quadratkunst macht einfach Spaß, entdeckt zu werden.
Und man kann ja trotzdem hinterher noch Schokolade knabbern, die man „Quadratisch. Praktisch. Gut.“ in der Jackentasche hatte, wo sie dieser Form wegen unzerbrochen ihre Form behielt. Um nach der „Kunst im Quadrat“ noch etwas quadratische „Choc of the Arts“ zu genießen.

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