Carolinensiel - Museumshafen

Entdeckungen
rund ums Siel:
Carolinensiel

An der deutschen Nordseeküste liegen etliche sogenannte Sielorte. Für Niedersachsen sind sie beliebte Ausflugsziele. Für Landratten aus der Mitte der Republik, wie mich, gern genommene Urlaubsorte. Oder die letzte Station an Land vor der Fährüberfahrt zu einer der ostfriesischen Nordseeinseln. Aber was sind Sielorte eigentlich? Und woher kommt der Name?

Wer es genau wissen will, ist nicht nur im Küstenmuseum in Wilhelmshaven richtig, sondern vor allem im Deutschen Sielhafenmuseum in Carolinensiel.

Seefahrer hinterm Deich

Ganz früher ein Küstenort, war Carolinensiel einst einer der größten Siel- und Handelshäfen Ostfrieslands. Inzwischen trennen ihn über zwei Kilometer vom Ortsteil Harlesiel mit dem heutigen (Außen-)Hafen und dem Fähranleger für Wangerooge. Für die Fischerei hat der einstige Sielhafen keine Bedeutung mehr, aber er fungiert inzwischen als – äußerst lebendiger – Museumshafen (siehe Aufmacher). Dort ankern nicht nur traditionelle Plattboden-Schiffe und Traditionssegler, sondern immer wieder auch Yachten. Sie alle erinnern an jene Zeit, als von Carolinensiel und anderen kleinen (einst echten) Küstenorten aus noch Seefahrer die ganze Welt bereisten. Lang ist’s her.

Dabei haben alle die Sielorte – ob nun Carolinensiel oder Bensersiel, Greetsiel, Hooksiel sowie Neuharlingersiel, um noch einige bekanntere zu nennen – eins gemeinsam: Sie verdanken ihre Namensgebung der Lage direkt hinterm Deich.

Land clever geschützt

Die gibt es nicht ohne Grund. Jahrhundertelang trotzten die Menschen in (Ost-)Friesland dem Meer und rangen ihm vormals überspültes Land ab, das sie mit Deichen schützten. Sogenannte Siele leiten bis heute das Wasser der notwendigen Entwässerungsgräben durch die Deiche ab in die Nordsee. Diese Durchlässe sind so clever konstruiert, dass aber kein Meerwasser umgekehrt ins Binnenland gelangen kann. Meist wurden die Durchlässe mit einer Schleuse und einem Hafen kombiniert – wie man es bei einem Spaziergang von Carolinen- nach Harlesiel ganz trefflich beobachten kann.

Ein Hafen, drei Museumsgebäude

Was das alles mit dem Land und den Menschen gemacht hat, das verrät das Sielhafenmuseum, dessen größte Ausstellung „Vom Handelshafen zum Museumshafen“ im ehemaligen Lagerhaus Groot Hus auf vier Etagen zu sehen und hören ist – Mitmachstationen inklusive. Nicht nur deswegen hatte ich mich für einen Start dort entschieden und auch gleich das kostengünstige Kombiticket für alle drei Häuser erstanden.

Ideale zweite Station war für mich das Kapitänshaus, das „Das Leben der Kapitänsfamilien“ bzw. deren Wohn- und Lebenskultur im 19. Jahrhundert unter anderem mit einer originalen Schifferkneipe darstellt und erklärt. Und einer Guten Stube, wo einen sogar eine Kapitänsfrau wortgewandt willkommen heißt.

In der Alten Pastorei wiederum, dem dritten Museumsgebäude am gegenüberliegenden Kai des Alten Hafens, kann man die Entwicklungsgeschichte der „Küste und Deiche der Harlebucht“ nachvollziehen. Und gleich noch im Obergeschoss ergänzend die Schau des ebenfalls dort residierenden Nationalpark-Hauses Carolinensiel anschauen.

Werkzitate als roter Faden

Verbindungsglied zwischen allen drei Museumshäusern und deren diverser Ausstellungsbereiche sind die Gedichte und Werkzitate von Marie Ulfers (1888-1960). Mir bis dahin gänzlich unbekannt, haben mich die atmosphärisch dichten Textpassagen stimmig abgeholt und ausgezeichnet bei meinem Rundgang begleitet.

Das kommt nicht von ungefähr. Ulfers war seit den 1930er-Jahren eine der bedeutendsten Heimatschriftstellerinnen Ostfrieslands, wurde jedoch in Carolinensiel als Kind eines Segelschiffkapitäns geboren – wie man im Groot Hus gleich zu anfangs erfährt. 1941 erschien ihr autobiografischer Roman „Ein Mädchen vom Deich, 1949 dann „Windiger Siel, wo sie das Leben der Seefahrer von Carolinensiel beschreibt.

Übrigens: Von Anfang April bis Ende Oktober ist der kleine Raddampfer „Concordia 2“ täglich zwischen Carolinen- und Harlesiel im Pendelverkehr unterwegs. Wer also den Spaziergang vom Alten Hafen entlang des Siels bzw. der Harle an die Küste entspannt zurücklegen will (oder anders herum), ist an Bord genau richtig. Entlang der zweieinhalb Kilometer langen Promenade kommt man unter anderem an einem historischen Rettungsschuppen vorbei, der ebenfalls zum Sielhafenmuseum zählt. Auch er ist ein Zeichen dafür, dass so mancher Sielort früher viel näher am Meer lag als heute.


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